Die Wittgensteins: eine Österreichisch-Jüdische Familie / Podiumsdiskussionen Zyklus
Ludwig Wittgenstein, Antisemitismus und der Exodus der österreichischen geistigen Elite
Zyklus von Podiumsdiskussionen
Wittgenstein im Kontext seiner Zeit und Gesellschaftsgruppe
„Kultur ist eine Ordensregel. Oder setzt doch eine Ordensregel voraus.” (Nachlass MS 169,62, publiziert in Vermischte Bemerkungen
Mit dieser Serie von Podiumsdiskussionen und der dazu gehörigen Forschung soll ein Beitrag zur Sensibilisierung und zur Stärkung des jüdischen Kultur- und Gemeindelebens in Österreich geleistet werden. Darüber hinaus soll Bewusstsein über den vom Antisemitismus verursachten enormen intellektuellen, wissenschaftlichen und kulturellen Verlust Österreichs geschaffen werden.
Ludwig Wittgenstein war Sohn eines der bedeutendsten Großunternehmer und Mäzene der Habsburger Monarchie. Die Kultur und Wissenschaft von Wien um 1900 hatte einen lebenslangen Einfluss auf ihn. Wittgensteins Begriff von Kultur als Pflicht ist eine Folge seiner Erziehung in den hoch gebildeten österreichisch-jüdischen Familien. Ludwig Wittgensteins biographischer Kontext bleibt, besonders in Österreich, weitgehend vergessen und die Bedeutung der Wittgenstein Familie für die österreichische Geschichte unbekannt.
Jedoch genau die biographischen Aspekte sind der Schlüssel nicht nur zum besseren Verständnis von Wittgensteins Ideen, sondern auch von seinem Platz in der österreichischen Geschichte. Seine Abstammung von der jüdisch-assimilierten Familie Figdor/Wittgenstein prägte sein Denken. Mit diesem Projekt wollen wir Wittgenstein im Kontext seiner Zeit und Gesellschaftsgruppe zeigen. Durch Genealogie-, Musik-, und Kunstgeschichte bekommt die Figur des „verbietenden“ Philosophen menschliche Züge, mit denen sich das heutige Publikum identifizieren kann.
Die Wittgensteins gehörten im 19. Jhdt. zu den angesehenen jüdischen Familien in Deutschland – finanziell erfolgreich und kulturell höchst gebildet, besonders nach der Heiratsverbindung mit der Figdor-Familie aus Wien. Nach ihrer Übersiedlung nach Wien in den 1850er Jahren (und dem Beitritt zur evangelischen Kirche) gehörten sie zur sogenannten „Zweiten Wiener Gesellschaft“. Das war ein soziales Phänomen, das für die Hauptstadt der Donaumonarchie, speziell im 19. Jahrhundert, eine ebenso singuläre wie auch charakteristische Erscheinung darstellt. Neben der „Ersten Gesellschaft“, dem alten und hohen Adel, entwickelte sich vor allem mit der zunehmenden Industrialisierung, dem dazu notwendigen Ausbau der Verkehrssysteme und auch der Herausbildung eines adäquaten Bankensektors, ein eigener Gesellschaftsbereich von Unternehmern, Bankiers, Finanziers, die ihren Aufstieg vor allem der rasch fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung und einem untrüglichen Gespür für das jeweils Machbare und Erfolgversprechende verdankt.
Diese Zweite Gesellschaft umfasste neben Unternehmern, Offizieren und Beamten auch Künstler, Wissenschaftler und Vertreter der freien Berufe. Im Zuge der zunehmenden Nobilitierungen insbesondere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stiegen viele Personen zwar in den Bereich des niederen Adels auf (Freiherren, Barone), blieben jedoch streng von der Ersten Gesellschaft, der als „hoffähig“ bezeichneten sozialen Schicht getrennt.
26. April 2023, 19:00 Uhr, Leopold Museum (Auditorium)
Die Familie Wittgenstein: Rekonstruktion eines Phänomens
DI Georg Gaugusch (Historiker, Spezialist für jüdische Genealogie), Dr. Wolf-Erich Eckstein (Genealoge). Moderation: Dr. Reinhold Hohengartner (Historiker, Wittgenstein Initiative).
25. Mai 2023, 19:30 Uhr, Diplomatische Akademie (Musikzimmer)
Der Exodus der österreichischen geistigen Elite in den 1930er Jahren. Die Wittgensteins: Antisemitismus und Nationalsozialismus.
Dr. Steven Beller (freier Wissenschaftler, Washington DC), Bot. Dr. Emil Brix (Historiker, Direktor der Diplomatischen Akademie), Prof. Dr. Peter Eigner (Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien), Prof. Dr. Allan Janik (ehem. Forschungsinstitut Brenner Archiv, Universität Innsbruck). Moderation: Karl Gaulhofer, Die Presse.
13. Oktober 2023, 18:00 Uhr, MUK Podium
Wittgenstein(s), Musik und die Wiener Philharmoniker
Prof. Dr. Otto Biba, Radmila Schweitzer. Brahms: Klarinettenquintett h-moll op.115, Akademisten der Wiener Philharmoniker.
24. Oktober 2023, 18:00 Uhr, Leopold Museum (Auditorium)
Die Wittgensteins: großbürgerliche Werte. Industrie und Kultur
Dr. Christian Witt-Dörring, Prof. Dr. Peter Eigner, Prof. Dr. Allan Janik, Dr. Ursula Prokop, DI Georg Gaugusch.
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